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  • Presse

 „Das ist ein Notruf an die Politik!“
Mehr als 1.300 Ärztinnen und Ärzte bei digitaler Protestveranstaltung

Mehr als 1.300 Ärztinnen und Ärzte haben am Mittwoch an der digitalen Protestveranstaltung des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes teilgenommen. In einer Resolution forderten sie einen Krisengipfel zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung, die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nach MGV plus, Sofortmaßnahmen zur Entbürokratisierung ihrer Arbeit und Boni für diejenige, die an der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) teilnehmen. Mittel- und langfristig bedürfe es nachhaltiger Strukturreformen im deutschen Gesundheitswesen, in deren Fokus die Stärkung der hausärztlichen Versorgungen stehen müsse, hieß es.

Berlin, 13. Dezember. Vor dem Hintergrund der immer angespannteren Lage der Hausarztpraxen und der fehlenden politischen Unterstützung zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung hatte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband am Mittwoch zu einer digitalen Protestveranstaltung aufgerufen. „Diese Protestveranstaltung ist ein Notruf der Hausärztinnen und Hausärzte an die politisch Verantwortlichen. Vielerorts ist die Versorgung schon heute kaum noch aufrechtzuerhalten. Wenn nicht massiv gegengesteuert wird, dann werden jedes Jahr mehr Patientinnen und Patientin ohne Hausarztpraxen dastehen“, so Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Bundesvorsitzende des Hausärztinnen und Hausärzteverbandes.

Hausärztinnen und Hausärzten eine Stimme geben

Die digitale Protestveranstaltung war Teil der Kampagne #diesepraxiswürdefehlen, die der Hausärztinnen- und Hausärzteverband aus Protest gegen die mangelnde politische Unterstützung der Hausärztinnen und Hausärzte sowie ihrer Praxisteams ins Leben gerufen hat. In der Veranstaltung berichteten Hausärztinnen und Hausärzte aus ganz Deutschland von ihren konkreten Problemen und Herausforderungen im Praxisalltag – und von den Folgen für die Patientinnen und Patienten. Ziel der Veranstaltung war es, den Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die jeden Tag unter großem persönlichem Einsatz die Versorgung der Menschen sicherstellen, eine Stimme zu geben.

Versorgungsdruck spitzt sich zu

„Die Praxen kämpfen zum einen mit einer immer angespannteren finanziellen Situation – insbesondere bedingt durch die extrem stark steigenden Kosten und die schlechten Honorarabschlüsse. Gleichzeitig haben wir es aber auch mit einer sich immer weiter zuspitzenden Versorgungslage zu tun: Immer mehr Patientinnen und Patienten müssen in immer kürzerer Zeit versorgt werden“, sagte Dr. Markus Beier, Co-Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. „Vielerorts ist das Arbeitspensum inzwischen so hoch, dass Patientinnen und Patienten abgewiesen werden müssen. Daran sollte sich ein reiches Land wie Deutschland nicht gewöhnen. Wir malen hier keine düsteren Zukunftsszenarien, sondern das ist leider schon heute in vielen Orten Deutschlands die Realität“, so Beier.

Lösungsvorschläge der Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes

Die Bundesvorsitzenden betonten, dass es konkrete Lösungsvorschläge gibt, die sowohl kurz- als auch langfristig die hausärztliche Versorgung stabilisieren könnten. Hierzu hat der Hausärztinnen- und Hausärzteverband schon vor Monaten einen Sechs-Punkte-Plan vorgelegt, der konkrete und umsetzbare Maßnahmen umfasst. „Es ist nicht so, dass die Politik nicht die Möglichkeit hätte gegenzusteuern. Sie muss es nur wollen. Ihr muss klar sein: Wenn sie weiter die Hände in den Schoß legt, dann muss sie den Patientinnen und Patienten in diesem Land auch ehrlich sagen, dass die hausärztliche Versorgung, so wie sie sie kennen, kaum noch aufrechtzuerhalten sein wird“, sagte Beier.

Neben der Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen fordern die Hausärztinnen und Hausärzte eine Förderung moderner Teamstrukturen in den Praxen, eine Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes sowie die Stärkung der Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV).

Im Anschluss an die Protestveranstaltung verabschiedeten die teilnehmenden Hausärztinnen und Hausärzte eine Resolution.

Resolution
der Hausärztinnen und Hausärzte zur Bewältigung der Krise in der hausärztlichen Versorgung

13. Dezember 2023

Die Situation in den hausärztlichen Praxen ist so angespannt wie seit sehr langer Zeit nicht mehr. Mittlerweile fehlen der ambulanten Versorgung bald 5.000 praktizierende Hausärztinnen und Hausärzte und etwa 11.000 Medizinische Fachangestellte. Eine mangelhafte Digitalisierung und die überbordende Bürokratie zehren immer stärker an den bereits stark limitierten zeitlichen Ressourcen in den Praxen. Zeitgleich wächst der Kostendruck, ohne dass ein angemessener Ausgleich erfolgt. Die Hausärztinnen und Hausärzte können und wollen die politischen Versäumnisse der vergangenen Jahre nicht mehr durch Sonderschichten und Dauerstress wettmachen – dazu sind viele Praxen auch gar nicht mehr in der Lage.

Unser Gesundheitssystem steckt in Bezug auf die hausärztliche Versorgung längst in einer Krise. Die Politik signalisiert zwar immer wieder zeitnahe Reformen, umgesetzt wurde bisher aber nichts. Darunter leiden die Hausärztinnen und Hausärzte, ihre Praxisteams und mit ihnen immer mehr auch die Patientinnen und Patienten.

Die Hausärztinnen und Hausärzte fordern deshalb zur sofortigen Umsetzung:

Einen Krisengipfel zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung
Unser Gesundheitssystem befindet sich an einem Punkt, an dem die hausärztliche Versorgung massiv Gefahr läuft wegzubrechen. Es braucht einen koordinierten und nachhaltigen Plan, wie die hausärztliche Versorgung stabilisiert werden kann, bevor es zu spät ist und die Menschen ohne wohnortnahe hausärztliche Versorgung dastehen. Der Bundesgesundheitsminister muss sich jetzt dieser zentralen Aufgabe in einem Krisengipfel widmen.

Die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen nach MGV plus

Die hausärztliche Versorgung wird in der Regelversorgung seit jeher nur unzureichend abgebildet. Die Kostenexplosion und die Inflation der letzten Jahre verschärfen diesen Umstand noch weiter. Es braucht jetzt eine Anpassung der hausärztlichen Vergütung. Der erste Schritt muss dabei die sofortige Einführung der längst versprochenen Entbudgetierung nach dem Modell MGV plus sein.

Sofortmaßnahmen zur Entbürokratisierung unserer Arbeit

Alle Maßnahmen zur Entbürokratisierung der Arbeitsabläufe in den Praxen müssen jetzt ergriffen werden – dies wird viel zu oft angekündigt und nie umgesetzt. Um die Praxen in der aktuellen Überlastungssituation zu schützen, fordern wir ein sofortiges Moratorium für Anfragen durch Krankenkassen in der Infektsaison 2023/24. Hausärztinnen und Hausärzte brauchen die Zeit, um Patientinnen und Patienten zu versorgen.

Boni für Teilnehmende der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV)

Mit der HZV existiert schon heute ein Angebot für moderne Versorgungsstrukturen, das knapp 9 Millionen Versicherte nutzen und das nachweislich bessere Ergebnisse in der Prävention leistet[1]. Bisher profitieren Patientinnen und Patienten davon allerdings nicht. Um die HZV weiter zu stärken und zu fördern, müssen Patientinnen und Patienten einen finanziellen Bonus erhalten, wenn sie sich für die anerkannte Präventionsleistung HZV entscheiden.

Mittel- und langfristig bedarf es nachhaltiger Strukturreformen im deutschen Gesundheitswesen, in deren Fokus die Stärkung der hausärztlichen Versorgungen stehen muss. Wir müssen den hausärztlichen Nachwuchs fördern und eine erfolgreiche digitale hausärztliche Versorgung ermöglichen und Versorgerpraxen strukturell und finanziell stabilisieren. Grundlage von Strukturreformen müssen die sechs Forderungen des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands entsprechend dem Forderungskatalog sein.

Sechs-Punkte-Plan des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes