Skip to main content
  • News

KBV-Chef Gassen: Ergebnisse der Befragung sind "mehr als ein Alarmsignal

Als „mehr als ein Alarmsignal“ hat KBV-Chef Dr. Andreas Gassen die Ergebnisse der aktuellen Ärztebefragung der KBV und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) gewertet. Wie die KBV in ihren „PraxisNachrichten“ mitteilte, spielen mehr als 60 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten mit dem Gedanken, aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen vorzeitig aus der Patientenversorgung auszusteigen. Dabei erachteten nahezu 100 Prozent ihre Arbeit als sinnvoll und nützlich.  Rund 32.000 Ärzte und Psychotherapeuten hatten sich an der repräsentativen Online-Befragung beteiligt.

Ausgebrannt und keine Nachfolger

Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer gaben an, sich durch die Arbeit ausgebrannt zu fühlen. Über 90 Prozent beklagen die Vielzahl bürokratischer Aufgaben und fühlen sich dadurch überlastet. Rund 85 Prozent empfinden, dass ihre Leistungen nicht angemessen honoriert werden. Etwa 85 Prozent der Haus- und Fachärzte machen sich mit Blick auf ihren Ruhestand Sorgen, keine Nachfolger zu finden. Hinzu kommt eine mangelnde Wertschätzung der Politik für die Arbeit der Praxen, die von 91,3 Prozent der Ärzte und Psychotherapeuten beklagt wird.

Auf volle Zustimmung stoßen bei Ärzten und Psychotherapeuten die im August von der Vertreterversammlung der KBV verabschiedeten Kernforderungen. Nahezu 100 Prozent drängen auf einen massiven Abbau von Bürokratie und eine tragfähige Finanzierung. Eine sinnvolle Digitalisierung, die nicht die Praxen lahmlegt, fordern 95 Prozent.

Miserable Rahmenbedingungen bremsen

„Diese Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Vereinfacht gesagt: Ärzte und Psychotherapeuten wollen schlichtweg ihren Job machen – und das so gut wie möglich. Aber miserable Rahmenbedingungen bremsen sie an allen Ecken und Enden aus“, sagte die Vorsitzende der KBV-Vertreterversammlung, Dr. Petra Reis-Berkowicz. Sie verwies ausdrücklich auf die sieben Kernforderungen der KBV an Gesundheitsminister Karl Lauterbach vom August, um Abhilfe zu schaffen.

„Die Ergebnisse dieser Befragung übertreffen meine schlimmsten Erwartungen“, sagte Gassen. „Wenn Politik jetzt nicht reagiert, werden wir bereits ab dem kommenden Jahr zunehmende Versorgungslücken haben, nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten.”

KBV-Forderungen sind „kein Lobbyisten-Geschrei“

„Anhand dieser Befragung lässt sich eindrucksvoll ablesen, dass unsere Forderungen kein Lobbyisten-Geschrei von Funktionären sind, wie es der Bundesgesundheitsminister zuweilen darstellen möchte“, erklärte KBV-Vorstandsvize Dr. Stephan Hofmeister. „Diese Ergebnisse spiegeln die ganz realen Probleme und Sorgen der Praxen wider. Das ist eine veritable Krise.“ Frühzeitig habe man dem Minister Lösungsvorschläge unterbreitet. Jetzt müsse er handeln, forderte Hofmeister: „Obwohl es einige wenige, zaghafte erste positive Reaktionen gibt – es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben.“

Bürokratie und schlecht gemachte Digitalisierung

Obwohl fast 100 Prozent der Befragten ihre Arbeit als nützlich und sinnvoll empfänden, „verzweifeln viele von ihnen an einem Übermaß an Bürokratie, schlecht gemachter Digitalisierung, einer unzureichenden finanziellen Situation und dem damit verbundenen Fachkräftemangel sowie nicht zuletzt an der fehlenden politischen Wertschätzung ihrer enormen Arbeit“, kritisierte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner.

Rund 62 Prozent der ärztlichen und psychotherapeutischen Kolleginnen und Kollegen fühlten sich ausgebrannt. „Es führt kein Weg daran vorbei: Die flächendeckende, wohnortnahe und qualitativ hochwertige ambulante Versorgung braucht gute und vernünftige Rahmenbedingungen.“

Leidtragende werden die Patienten sein

„Noch existiert ein dichtes Praxisnetz, durch das mehr als 600 Millionen Behandlungsfälle pro Jahr versorgt werden. Aber schon jetzt sind bundesweit fast 6.000 Arztsitze unbesetzt, weil die Niederlassung im Vergleich zu anderen Formen der ärztlichen Berufsausübung an Attraktivität eingebüßt hat. Tendenz steigend”, betonte Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried.

Wer aufhört, finde immer seltener einen Nachfolger für die Praxis. Damit würden Lücken in das bislang noch engmaschige Versorgungsnetz gerissen, “die die jetzt schon völlig überforderten Krankenhäuser niemals werden füllen können”, prophezeite der Zi-Chef und mahnte: “Die Leidtragenden werden die Patientinnen und Patienten sein.“

Weitere Ergebnisse der Online-Ärztebefragung