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EuGH: Erste Kopie der Patientenakte muss kostenlos sein

Patienten haben einen Anspruch darauf, eine erste Kopie ihrer Patientenakte unentgeltlich zu erhalten. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Vorangegangen war ein Rechtsstreit eines Patienten aus Deutschland mit seiner Zahnärztin. Das Recht auf die kostenlose Erstkopie ergebe sich aus der Datenschutz-Grundverordnung, befanden der Gerichtshof mit.

Luxemburg, 26. Oktober. Praxen und Krankenhäuser müssen ihren Patienten unentgeltlich eine erste Kopie ihrer Patientenakte herausgeben. Erst für eine zweite Kopie dürfen sie Kostenersatz verlangen, befanden die Luxemburger Richter. Anderweitige deutsche Regelungen verstießen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Der Patient brauche auch nicht zu begründen, warum er die Kopie haben wollen, so der EuGH (AZ: C-307/22 FT).

In dem Rechtsstreit wollte der Kläger Haftungsansprüche wegen einer angeblich fehlerhaften Behandlung geltend machen. Die Zahnärztin wollte die Patientenakte jedoch nur gegen Kostenerstattung kopieren. Sie berief sich auf die Gesetzesvorschrift zur Einsichtnahme in die Patientenakte, die eine Kostenerstattung vorsieht. Meist werden 30 bis 50 Cent je Seite berechnet.

Die beiden ersten Instanzen gaben dem Patienten recht und verwiesen auf die Datenschutz-Grundverordnung. Der Fall wanderte dann zum Bundesgerichtshof, der ihn dem EuGH vorlegte. Selbst mit Blick auf die schützenswerten wirtschaftlichen Interessen der Ärzte "dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen", teilten die Luxemburger Richter mit. Sie hoben außerdem hervor, der Patient müsse eine vollständige Kopie der Dokumente in seiner Patientenakte erhalten, wenn dies zum Verständnis der personenbezogenen Daten erforderlich sei. Dies schließe Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen ein.

„EuGH-Entscheidung kann Praxisalltag noch mehr belasten“

„Die Entscheidung aus Luxemburg erscheint realitätsfern und kaum praxistauglich. Sie kann den Arbeitsalltag in den Praxen, von denen schon jetzt viele unter dem Fachkräftemangel leiden, noch mehr belasten“, sagt Christian Sommerbrodt, erster Vorsitzender des Hausärzteverbandes Hessen e. V. (HÄVH). „Das Gesundheitssystem krankt schon seit Langem an überbordender Bürokratie. Zunehmende Verwaltungsaufgaben stehlen uns die Zeit und die Ressourcen für unsere Patientinnen und Patienten“, so Sommerbrodt. „Die medizinische Versorgung wird komplizierter, zugleich verbringen wir Hausärztinnen und Hausärzte aber immer mehr Zeit mit Verwaltung und Technik. Auch der hohe Bürokratieaufwand hindert junge Ärztinnen und Ärzte daran, sich niederzulassen“, so der Hausarzt aus Wiesbaden. Deshalb gefährde nicht zuletzt die Bürokratie in den Praxen die medizinische Versorgung der Patienten.