Skip to main content
  • News

Blanko-Überweisung an das Humangenetische Labor? Vorsicht!

Immer wieder kommt es vor, dass Kliniken bei stationären Patientinnen und Patienten eine humangenetische Untersuchung anstoßen. Die behandelnden Hausärztinnen und Hausärzte bekommen einen Infobrief: Sie möchten doch bitte eine Blanko-Laborüberweisung an das humangenetische Labor schicken – diese Untersuchung werde das Laborbudget nicht belasten. Stimmt das? Dr. med. Stefan Grenz erklärt die Zusammenhänge. 

Kennen Sie das? Eine Fachambulanz bittet Sie um Unterschrift eines bereits ausgefüllten humangenetischen Speziallaborauftrages. Oder Sie werden zur Polyneuropathie-Abklärung um Vitamin B12, Elektrophorese und Glukose/HbA1c gebeten. Ein anderes Mal sollen Sie zur Durchführung eines Angio-CT eine Blutabnahme für Krea/GFR und TSH machen. Oder vor einer ambulanten Operation soll eine Blutabnahme erfolgen.

Bei aller kollegialer Hilfsbereitschaft ist es ratsam, hier einige Regeln einzuhalten. Besonders dann, wenn Sie von besagter Behandlung Ihrer Patientin oder Ihres Patienten eigentlich überhaupt nichts wissen.

Überweisungen können erfolgen zur Auftragsleistung, zur Konsiliaruntersuchung, zur Mitbehandlung oder zur Weiterbehandlung. Der Überweisende hat die Pflicht, das auf dem Muster 6 (Ü-Schein) anzukreuzen. Alles Nähere ist im Bundesmantelvertrag-Ärzte nachzulesen (§ 24 BMV-Ä, www.kbv.de/media/sp/BMV-Aerzte.pdf ).

Überweisung zur Auftragsleistung

Überweisen wir zur Auftragsleistung, dann klären wir unsere Verdachtsdiagnose selbst ab: mit Eigenbefunden und Fremdbefunden. Wir schränken damit den Auftragnehmenden in seiner Leistungserbringung ein. Folglich müssen wir auftragsnotwendige Laborleistungen VORHER selbst veranlassen – und dem Auftragnehmenden davon Kenntnis geben (§ 24(6) BMV-Ä). Vor einer Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittelgabe wären das z.B. Krea/GFR und ggf. TSH.

Überweisungen zur Konsiliaruntersuchung

Überweisen wir zur Konsiliaruntersuchung beim Facharzt, dann haben wir eine Verdachtsdiagnose, kommen aber diagnostisch nicht weiter. Wir beauftragen damit die weitere ambulante Abklärungsdiagnostik. Hierbei entscheidet der Auftragnehmer über alle weiteren notwendigen Leistungen (§ 24(7) BMV-Ä). Folglich müssen wir dem Auftragnehmer von den BISHER erhobenen Befunden Kenntnis geben. Wir haben aber keine Mitwirkungspflicht, zum Beispiel für Speziallaboruntersuchungen.

Überweisung zur Mitbehandlung

Überweisen wir zur Mitbehandlung, dann haben wir eine Verdachtsdiagnose, kommen aber insbesondere mit unseren therapeutischen Möglichkeiten nicht weiter. Wir beauftragen damit ambulant gebietsbezogen zum Beispiel zur gastrointestinalen Blutungsabklärung, zur Richtlinienpsychotherapie oder zur Dialysebehandlung. Auch hierbei haben wir keine Mitwirkungspflicht, etwa für Speziallaboruntersuchungen.

Überweisung zur Weiterbehandlung

Überweisen wir zur Weiterbehandlung, dann übersteigt insbesondere die Schwere des Krankheitsbildes unsere Möglichkeiten. Wir übertragen damit die weitere vertragsärztliche Betreuung dieser Erkrankung. Das kann zum Beispiel bei einem neumanifesten Krebsleiden der Fall sein: zur feingeweblichen Befundsicherung, Vervollständigung des Erststagings, Therapieplanung, Koordination der nichtmedikamentösen Therapie bzw. Durchführung der medikamentösen Therapie.

Ohne unsere Überweisung entfällt die medizinische Grundlage, Laboraufträge für Kolleginnen und Kollegen in Praxen, MVZs oder Fachambulanzen zu übernehmen. Und sollte sich unser Patient oder unsere Patientin in stationärer, teilstationärer, vor- oder nach-stationärer Behandlung befinden, sind gleichzeitige vertragsärztliche Leistungen gar nicht zulässig.

Wie gehen wir in unserer Praxis mit den oben genannten Beispielen um?
Den bereits ausgefüllten humangenetischen Speziallaborauftrag faxen wir mit einem freundlichen Satz zurück. Weil die Überweisung zur Polyneuropathie-Abklärung von uns ist, wurden die Laborwerte vorher abgenommen und dem Ü-Schein beigefügt. Vor dem Angio-CT war eine Blutabnahme nicht nötig, weil die letzten Werte erst vier Wochen alt waren. Wir heften diesen Laborausdruck an den Ü-Schein. Und die "Operationsvorbereitung" kann bekanntlich mit GOP 31010-31013 abgerechnet werden.

Dr. med. Stefan Grenz ist Hausärztlicher Internist und Gastroenterologe in Königstein.