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  • Presse

Gemeinsame Presseerklärung

  • des Hausärzteverbandes Hessen (HÄVH)
  • des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), Landesverband Hessen
  • der Berufsverbände der Fachärztinnen und Fachärzte in Hessen sowie
  • der Berufsverbände der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Hessen

 „Mangelversorgung gefährdet Gesundheit – Politik muss handeln!“

Lebensnotwendige Medikamente sind ebenso knapp wie Termine bei Fachärzten und Psychotherapeuten, zudem fehlen Ärzte und Medizinische Fachangestellte. Der Mangel auf allen Ebenen gefährde die ambulante wohnortnahe medizinische Versorgung der Patienten, kritisieren die hessischen Ärzte und Psychotherapeuten. Mit ihrem sechsten Protesttag, dem 26. April, fordern der Hausärzteverband Hessen (HÄVH), der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) sowie die Berufsverbände der hessischen Fachärzte und Psychotherapeuten die Politik erneut zum Handeln auf.

Die medizinische Versorgung der Patienten werde durch Lieferengpässe selbst bei grundlegenden Medikamenten gefährdet, sagt Christian Sommerbrodt, Vorstandsmitglied des HÄVH. So sei seit Monaten kein Penicillin mehr zu erhalten. „Stattdessen muss auf Breitspektrum-Antibiotika ausgewichen werden, die neben einer erhöhten Resistenzquote ein höheres Nebenwirkungspotential besitzen“, so der Hausarzt aus Wiesbaden. Seit Monaten seien auch einige Herzmedikamente sowie Antiepileptika nicht mehr verfügbar. „Auch hier kann eine Umstellung auf andere Medikamente negative Folgen für die Patienten haben“, so Sommerbrodt. „Fast täglich rufen Apotheken-Mitarbeiter in unseren Praxen an, um mit uns Umstellungen auf lieferbare Präparate zu erörtern. Hier werden kostbare Arbeitszeit-Ressourcen hochqualifizierter Akteure im Gesundheitssystem der verfehlten Sparpolitik im Medikamentenbereich geopfert“, kritisiert der Hausarzt.

Auch Kindermedikamente betroffen

Auch viele spezifische Kindermedikamente seien schlecht oder gar nicht verfügbar. „Paracetamol und Ibuprofen waren wochenlang nicht erhältlich und sind als Saft immer noch kaum zu haben“, beklagt Dr. Burkhard Voigt, Kinderarzt in Frankfurt und stellvertretender Landesvorsitzender des BVKJ. Auch fehle es an Standard-Antibiotikasäften. „Selbst Reserveantibiotika sind inzwischen knapp. Deshalb stehen wir jetzt oft vor der Wahl, die Kinder zur intravenösen Therapie in ein Krankenhaus einzuweisen oder zu versuchen, sie mit Tabletten zu therapieren – was gerade bei Kleinkindern meist sehr schwierig ist“, erklärt Dr. Voigt. Eine Besserung der Lage sei nicht in Sicht: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Kinder zu Schaden kommen und sich Juristen ansehen, wer verantwortlich ist.“

Zudem sei nicht tragbar, dass Medikamente unter kaum nachprüfbaren Herstellungsbedingungen zu möglichst geringen Kosten in Billiglohnländern produziert und um die halbe Welt geschickt würden. So seien bereits Medikamente wegen herstellungsbedingter Verunreinigungen vom Markt zurückgerufen worden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Berufsverbände. „Wir verlangen, dass die Politik die Bedingungen für die Pharmaindustrie so gestaltet, dass die Herstellung der Medikamente in Europa wieder möglich ist und auch erfolgt, so dass eine regelmäßige Belieferung der Apotheken mit den für Patientenversorgung erforderlichen Präparaten gesichert ist.“

Fehlende Psychotherapeuten- und Arzttermine

Zunehmend problematisch sei auch, dass es seit Jahren immer schwieriger werde, Facharzt- oder Psychotherapietermine zu bekommen. „Eine mehrmonatige Wartezeit auf Psychotherapie-Plätze mittlerweile trauriger Standard“, sagt Ingrid Moeslein-Teising, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Bad Hersfeld. Es sei überfällig, dass sich die Bedarfsplanung der kassenärztlichen Vereinigungen am tatsächlichen Bedarf orientiere, so Moeslein-Teising.

„Schnellstmöglich Medizinstudienplätze schaffen“

„Angesichts einer alternden Gesellschaft – mit der logischen Konsequenz einer höheren Gesamtmorbidität der Bevölkerung – hätten die Ressourcen im Gesundheitssystem rechtzeitig erhöht werden müssen“, kritisieren die Verbände. Stattdessen sei die Zahl der Medizinstudienplätze von 16.000 im Jahr 1990 um etwa 30 % auf aktuell 11.000 reduziert worden. Es gelte nun, schnellstmöglich neue Plätze zu schaffen, da die Ausbildung eines Arztes vom Beginn des Studiums bis zum Abschluss der Facharztausbildung mindestens elf Jahre dauere.

Der Ärztemangel war schon lange absehbar. So erreichen beispielsweise in den kommenden fünf Jahren 30% der Hausärzte in Hessen das Rentenalter. Bei den Kinder- und Jugendärzten sieht es kaum anders aus. „Obwohl wir seit vielen Jahren auf die Folgen des erwartbaren Ärztemangels hingewiesen haben, hat Politik dieses Problem ignoriert“, kritisieren die Verbände. Es sei absurd, den Ärztemangel zum Beispiel in sozialen Brennpunkten durch minderqualifizierte Kräfte in „Gesundheitskiosken“ ausgleichen zu wollen: „Alle Menschen haben unabhängig von ihrem sozialen Stand den gleichen Anspruch auf eine medizinische Versorgung auf Facharzt-Niveau“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Auch Fachkräfte fehlen

Nicht zuletzt weisen die Verbände auf den Mangel an medizinischen Fachangestellten (MFA) hin, von denen sich viele aufgrund der zunehmenden Belastungen inzwischen in andere Berufe orientierten, so die Verbände: „Dieser wichtige Beruf erfordert eine immer höhere Stress-Resilienz und fachliche Kompetenz. Zu Recht sind die Gehälter unserer MFA inzwischen auf ein Niveau angehoben wurden, dass dem der medizinischen Fachberufe in den Krankenhäusern entspricht. Noch immer aber mangelt es an Wertschätzung ihrer Arbeit seitens Politik und Gesellschaft – sie werden vielmehr inzwischen immer öfter Opfer unangemessener Beschwerden der von Wartezeiten und Bürokratie genervten Patienten. Dass die Politik erwartet, dass die berechtigten Gehaltssteigerungen von uns klaglos ohne adäquate Gegenfinanzierung getragen werden, befeuert den Ärztemangel zusätzlich.“ – „Am schlimmsten ist aber der Mangel an den richtigen Entscheidungen der Politiker, die auf Jahrelange Mahnungen der Fachleute nicht reagieren“, fasst Dr. Voigt zusammen.

Pressekontakte:

Gundula Zeitz, Pressereferentin HÄVH
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., Tel.: 0171 8132671                                                                  

 

Hausärzteverband Hessen e.V., 1. Vorsitzender Armin Beck (v. i. S. d. P.)
Hofheimer Str. 16a, 65795 Hattersheim, Tel: 06190 – 9743470, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.                                                         

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, LV Hessen, 1. Vorsitzender Dr. Ralf Moebus (v. i. S. d. P.)
Ober-Eschbacher Str.9, 61352 Bad Homburg, Tel.: 06172 26021, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. 

im Namen der fachärztlichen Berufsverbände: Jan Henniger, Dr. Detlef Oldenburg (v. i. S. d. P.),
Leimenstraße 20, 63450 Hanau, Tel.: 06181 24727, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

im Namen der psychotherapeutischen Berufsverbände:
Ingrid Moeslein-Teising (v. i. S. d. P.), Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalytikerin DPV/IPA/DGPT/DAGG, Ludwig-Braun-Straße 13, 36251 Bad Hersfeld, Tel.: 06621/915033;

Dipl.-Soz. Dipl.-Päd. Tanja Maria Müller (v. i. S. d. P.), Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Eschweger Str. 12, 60389 Frankfurt, Tel.: 069-28606350