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„Funktionalität muss gegeben sein!“
Hausärzteverband Hessen stellt Forderungen zur ePA auf



Hattersheim, 25.11.2024 - Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt – allerdings wohl später als geplant. Nach den letzten Verlautbarungen aus dem BMG scheint der Plan zu sein, dass zwar alle Versicherten zum 15. Februar eine ePA erhalten sollen. Wann aber die Ärztinnen und Ärzte auf diese überhaupt zugreifen und sie befüllen können, steht in den Sternen, denn wie schon seit langem befürchtet, können einige PVS-Hersteller nicht liefern. Mit Blick darauf hat die AG Digitales des Hausärzteverbandes Hessen (HÄVH) einen Forderungskatalog aufgestellt. „Die Hausärztinnen und Hausärzte in Hessen verschließen sich nicht der Digitalisierung und dem Fortschritt“, sagen Petra Hummel und Peter Franz von der AG Digitales. „Wir fordern im Sinne eines guten Startes und Erfolges einer elektronischen Patientenakte eine Reihe von Nachbesserungen“.

Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt später – aber sie kommt und wir Hausärztinnen und Hausärzte wie auch unsere Patientinnen und Patienten fordern eine Funktionalität zum Nutzen aller Beteiligten.

Die aktuellen inhaltlichen Möglichkeiten der ePA erstrecken sich über die von den Krankenkassen eingestellten in den letzten drei Jahren dokumentierten Diagnosen, eine Medikationsliste, die ausschließlich die über ein elektronisches Rezept verordneten Medikamente beinhaltet sowie eine nicht durchsuchbare Sammlung von Befunden in Form von PDF-Dokumenten, welche jeder Einstellende nach seiner eigenen Struktur benennen kann. Mehr ist im Moment nicht drin! Auch wenn Verlautbarungen unseres Bundesgesundheitsministers, seines Ministeriums, der Werbung und der Medien viel mehr suggerieren.

Ab dem allgemeinen bundesweiten Roll-Out sollen bei jeder ärztlichen Behandlung die erhobenen, digital vorliegenden Befunde in die ePA eingestellt werden, sofern der Patient dies wünscht.

Ältere Befunde und Arztbriefe müssen nicht durch die Praxen eingestellt werden. Im Gegenteil sind die Krankenkassen der Patienten verpflichtet jährlich zehn Befunde für die Patienten einzustellen. Zudem können die Patienten jederzeit ihre Befunde selbst einpflegen, sofern sie über die entsprechenden technischen Möglichkeiten verfügen.

Es ist unbestritten, dass die ePA uns Hausärztinnen und Hausärzte insbesondere in der Anfangsphase über Monate, vielleicht auch Jahre hinweg, deutlich Zeit kosten und Mehrarbeit bewirken wird. Um diesen Aufwand so gering wie möglich zu halten und um für unseren täglichen Gebrauch einen Nutzen und eine gute Performanz – auch für die Patienten – zu erreichen, sind aus unserer Sicht folgende Umsetzungen notwendig:

  • eine verpflichtende Anbindung an den Dienst „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) für alle Institutionen und Personen des Gesundheitswesens. Gleichzeitige müssen die Kliniken und Praxen verpflichtet werden, ihre Befunde unverzüglich einzustellen. Aktuell sind nur die niedergelassenen Praxen und die Apotheken ePA-bereit – weder die Kliniken noch der Rettungsdienst sind im Moment in der Lage, eine ePA oder auch nur einen Notfalldatensatz akut auszulesen und es ist nicht absehbar, wann dies möglich sein wird;
  • eine Verpflichtung aller Beteiligten (hausärztliche und fachärztliche Praxen, Kliniken, Apotheken, Videodienstanbieter etc.) den Medikationsplan, wenn er denn eingeführt ist, bei Änderungen zu aktualisieren und zu ergänzen (z. B. OTC-Präparate);
  • eine gleiche Strukturierung und einen gleichen Index für alle einstellenden Institutionen – hierdurch werden die Übersicht über die eingestellten Befunde und das Einstellen der Daten für alle einfacher und schneller;
  • eine Durchsuchbarkeit nicht nur des Index, sondern der Dateien, um beispielsweise Informationen zu Allergien aus der Vergangenheit schnell und sicher verfügbar zu haben;
  • ein einheitlicher, fortlaufender Laborbogen – keine Einzel-PDFs;
  • ein einheitliches Format für eingestellte Bilddateien;
  • eine schnelle Einführung von sinnvollen Medizinischen Informationsobjekten (MIO) wie elektronischer Mutterpass, elektronischer Impfpass, Laborbogen etc. mit einfachem Befüllungsweg über das Praxisverwaltungssystem (PVS) ohne Mehrarbeit;
  • eine gut sichtbare Position für Patientenverfügungen, Vollmachten, Organspende-Einwilligung etc.;
  • die Löschung und das Verbergen von Dateien durch Patienten müssen rechtssicher nachvollziehbar sein. Zudem muss auch nachträglich erkennbar sein, welche Informationen dem behandelnden Arzt zur Verfügung standen;
  • eine rechtliche Absicherung wie zum Beispiel mit „F“-Diagnosen, Schwangerschaftsabbruch, sexuell übertragbaren Erkrankungen, Erbkrankheiten o. ä. in der Anamnese in der Akte umgegangen wird. Auch wenn wir dem Patienten empfehlen, dies nicht aktiv einzustellen, erscheinen möglicherweise diese Daten durch die Krankenkassen, verpflichtende Laboreinbringung etc. in der Akte;
  • Schutz der Kinder und Jugendlichen vor möglichen Folgen einer verpflichtenden Akte – wer darf diese führen, was darf überhaupt eingestellt werde;
  • vor allem muss die Programmierung der PVS zwingend so erfolgen, dass kein zusätzlicher zeitlicher Aufwand beim Umgang mit der ePA entsteht;
  • zwingende Prüfung auf aktuelle Computerviren beim Einstellen und Auslesen von Informationen aus der ePA. Es soll ja die Akte des Patienten sein, Schäden in der kritischen EDV-Infrastruktur des Gesundheitssystems durch Angriffe von Innen müssen technisch effektiv erschwert werden;
  • zur Vermeidung von Computerviren in der ePA keine Kapselung von anderen Dokumenten (z.B. Microsoft Word-docx) in den vorgesehenen und erlaubten PDF/A;
  • zum Erhalt der Schweigepflicht und trotzdem rechtssicherer Dokumentation, Schaffung der Möglichkeit zur Erstellung von ärztlicher Primärdokumentation, die nur von Arzt und Patient, nicht aber von anderen Zugriffsberechtigten (z. B. Apotheken, Krankenkassen, Forschenden) gelesen werden kann;
  • Verpflichtung der Anbieter der ePA, den Verschlüsselungsstandard aller Inhalte über die ganze Nutzungszeit immer auf dem dann aktuellen Stand der Technik zu halten, da im Gegensatz zu anderen Daten die beinhalteten genetischen Informationen und Erbinformationen auch für folgende Generationen Relevanz behält.

Trotz der ePA sind wir weiterhin verpflichtet, unsere eigene Dokumentation und Akte in den Praxen zu führen.

Die Hausärztinnen und Hausärzte in Hessen verschließen sich nicht der Digitalisierung und dem Fortschritt! Wir fordern im Sinne eines guten Startes und Erfolges einer elektronischen Patientenakte die Umsetzung der oben skizzierten Punkte.

Petra Hummel und Peter Franz
für die AG Digitales des Hausärzteverbandes Hessen e. V.